Mittwoch, 28. März 2018

Hommage an den perfekten Bienenbesen





Dies hier ist nicht nur einfach ein Bienenbesen wie viele andere - dies ist ein Kunstwerk, der schönste Bienenbesen den ich bisher in meinem langen Leben gesehen habe! Er verdient es, beachtet und hoch geehrt zu werden!

Schau ihn doch bitte einmal näher an - der extrem schlanke, flache Körper, diese wunderbar elegante, perfekt geschwungene, stilvolle Form! Astfreies Buchenholz mit der typischen leicht rötlichen Färbung, die feine Strichmaserung. Nur Buche hat das. Poliert und mit Leinöl geölt. Rieche doch einmal dran - dieser einmalige Duft! Ein Nasen- und Handschmeichler!

Am Ende des eleganten Griffes ein Loch und - alles andere wäre ein Sakrileg - ein schlanker, heller Lederriemen als Aufhänger; perfekt.

Und dann diese Haare! Helles Rosshaar, kein schnödes Plastik. Genau die richtige Länge, genau die richtige Stärke. Nicht zu lang und zu weich -das könnte die Bienen kaum überzeugen. Nicht zu kurz und zu hart, das würde sie vielleicht verletzen. Teste es - streiche mit dem Kunstwerk zart über Deine Hand, über Dein Gesicht! Noch nie hast Du es mehr bereut, keine Biene zu sein!

 Eine lange gerade Linie bildet der Haarkamm, ideal um auch größere Waben abzukehren. Und hast Du überhaupt bemerkt, auf welche Weise die Haare im Holz befestigt sind? Nicht billig in die Löcher eingestanzt, nein - aufwendig und kunstvoll mit einem einzigen feinen Edelstahldraht eingeflochten!

Das absolut Genialste an diesem perfekten Bienenbesen ist aber die Spitze. Schwungvoll nach vorne und dezent nach oben geschwungen. Ein zum Bienenbesen gewordenes Symbol für Dynamik, Ästhetik, Stil. Eine Augenweide, ein Augenbalsam. Und gleichzeitig geradezu vollkommen dafür geschaffen, auch eine einzelne Biene zart und angemessen anzusprechen.

Allein schon wegen dieses Wunderwerkes ist es für seinen stolzen Besitzer geradezu Pflicht, mit der Imkerei zu beginnen!

Meine erste Begegnung mit dieser anmutigen Schönheit war auf dem Stuttgarter Weihnachtsmarkt. Natürlich war es Liebe auf den ersten Blick. Seitdem gehört der Weihnachtsmarkt in Stuttgart zu meinem alljährlichen Pflichtprogramm. Fast wie ein Ritus beginnen und enden meine Besuche dort immer an der Besenbinderbude zwischen Schillerplatz und Marktplatz.

Heute besitze ich leider nur zwei dieser Kunstwerke und damit nur die Hälfte des absoluten Minimums. Eines davon darf nur zum reinem Betrachten und Bestaunen genutzt werden. Das andere jedoch ist im ständigen Einsatz. Es hat seinen festen Platz links am Fahrersitz meines Autos. Mit ihm staube ich den Fahrzeuginnenraum und meine Nerven ab, immer wenn ich auf meine säumige Tochter warten muss - also immer. Dazuhin habe ich es mir zur lieben Angewohnheit gemacht, gleich nach dem Einsteigen sanft über die nach oben stehenden Haare zu streichen; von hinten nach vorne. Ich nenne dies "mein Seelentribut". Damit streichle ich alle geschundenen und verletzten Seelen dieser Welt, also auch Deine und meine. Ich bin fest davon überzeugt - das heilt und bringt Glück. Was bitteschön sollte denn mehr heilen und Glück bringen als eine Seele zu achten und zu ehren?

Bei Aristaios, dem griechischen Gott der Imkerei, und Ambrosius, dem Schutzpatron der Bienen - ich gelobe, mir irgendwann auch noch ein weiteres Prachtexemplar dieses edlen Werkzeugs zuzulegen und es dann auch tatsächlich für meine Bienen zu verwenden. Und noch ein Viertes, einfach so, als Reserve. Und ein Fünftes, als Geschenk für einen lieben Menschen. Spätestens bei den nächsten Stuttgarter Weihnachtsmärkten.

Werner Wallenwein, alter Bienenschrat